25 Mrz 2018

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BRETT

Ein Hinterhof im angesagten Hamburger Stadtteil Ottensen: Von außen würde man dem schmucklosen weißen Gebäude niemals
zutrauen, wie viel Kreativität und Ambition in ihm steckt. Doch hat man die „Hebebühne“ erst einmal betreten, öffnet sich ein Hort für
Kunst und Gemeinschaftlichkeit, wie man sie heutzutage nur noch selten findet. Gut eineinhalb Jahre lang haben die vier Jungs von
BRETT – vor rund sechs Jahren in die Hansestadt gekommen, um hier ihren kreativen Traum zu verwirklichen – in dieser
ehemaligen Autowerkstatt ein Zentrum für Kunst und Kultur jedweder Art geschaffen. Sie haben Böden geschliffen, Wände
eingezogen, jede Leitung und jedes Kabel neu verlegt und neben einer extrem hübschen Veranstaltungsstätte eine komplette zweite
Etage eingebaut, wo sich nun allerlei Raum für Kunst findet. Von Trommel-Workshops mit Kindern über DJs, die hier an ihren Skills
feilen, und zahlreichen Proberäumen für Bands bis hin zu einem kreativen Work-Space, wo Grafiker, Event-Veranstalter und freie
Künstler miteinander netzwerken und sich gegenseitig beflügeln: Hier ist alles möglich und willkommen, was den enorm kreativen
Spirit bereichert. Und es ist zugleich der künstlerische Nukleus für BRETT als Band – und als Menschen. Drummer Stefan und
Bassist Laurenz geben hier Musikunterricht, Gitarrist Felix schraubt und lötet hier seine eigenen Fuzz-Pedale zusammen – sein
Arbeitsplatz sieht aus wie der eines Mad Professors. Und BRETT-Frontmann Max ist Spiritus Rector, Host sowie gute Seele der
„Hebebühne“ und stets an drei Orten gleichzeitig zu finden, um wieder ein Detail noch schöner und einzigartiger zu machen (so plant
er etwa derzeit, über dem Dach der Bühne des Veranstaltungsraums, wo sich zufällig eine Galerie befindet, ein Gewächshaus
anzulegen, zur Selbstversorgung).
Irgendwie klar, dass in einem solch kreativen Habitat keine Rockmusik von der Stange entsteht – und wenn BRETT etwas nicht sind,
dann gewöhnlich oder erwartbar. Dies zeigte bereits die „EP #1“, im vergangenen Sommer erschienen und von Fachleuten mit
stammelnd vorgetragenen Begriffen wie „Neo-Krautrock“ oder „70er trifft Stoner“ umschrieben – was letztlich nur die Problematik
zeigt, BRETTs Sound in eine Schublade zu pressen. Klar ist, dass BRETT mächtig rocken, dass sie mit Hendrix und Led Zep
ebenso sozialisiert wurden wie mit Queens of the Stone Age und Fugazi – und dass sie (und hier wird es nun wirklich
außergewöhnlich) all das garnieren mit kämpferischen deutschen Texten. BRETT sind in ihrer Bezugsoffenheit damit das
konturscharfe, herzsatte audiophile Äquivalent zu diesem kreativen (T)Raum inmitten urbaner Gesichtslosigkeit. Und doch gibt es
einen grundlegenden Unterschied, wie Stefan sagt: „So viel wir hier in der 'Hebebühne' planen, so wenig planen wir das, was bei
BRETT entsteht.“ Und Max ergänzt: „Das einzig wirklich Beständige an BRETT ist der Wandel und die Entwicklung. Wir wollen uns
auf gar keinen Fall wiederholen, sondern BRETT als eine Plattform begreifen, wo aus denkbar unterschiedlichen Einflüssen eine Art
'Common Ground' entsteht, der sich dann immer wieder anders zu Songs formt.“
Hierzu muss man nur den Sound und Ansatz von „EP #1“, die man kostenlos über ihre Homepage wirsindbrett.de herunterladen kann, vergleichen mit den nun am 7. April erscheinenden Songs von „EP #2“. Ob Text oder Musik: Aus purem Zorn und ungezügelter
Wildheit wurde nun eine besondere Form von konsequenter Dringlichkeit, die jedoch auch Raum für Schönes und einige Momente
zum Atmen lässt. Aus radikalem Noise wurde kraftvoller Rock jenseits aller Schubladen, die kreischenden Gitarren des Erstlings
verwandelten sich in kontemplative Ohrfräsen, die zwar nicht mehr ganz so weh tun, aber an Kampfeslust nichts eingebüßt haben.
BRETT haben also mit nur zwei EPs bereits einen rockmusikalischen Spannungsbogen aufgemacht, der ihnen nun nahezu grenzenlosen Raum lässt, weiter zu forschen, zu experimentieren und Dinge auszuformulieren, die so noch nicht gesagt wurden.
Auch für die Band selber steckt in „EP #2“ viel Entwicklung, wie Max erzählt. „Zum einen haben wir uns inhaltlich entwickelt – wo bei
der ersten EP schon oft noch der Wunsch anklang, eine Message rüberzubringen, wird es auf der zweiten EP erzählerischer und
auch persönlicher. 'Schwester' etwa“ - die erste Single aus der zweiten EP und zugleich der erste Song, der für diese zweite Veröffentlichung aufgenommen wurde - „stammt noch aus der ersten Session für die zweite EP und ist daher etwas rauer als der
Rest. Aber textlich findet hier bereits eine starke Veränderung statt, es ist wohl der autobiografischste Text, den ich bis jetzt geschrieben habe.“ Die kommende, zweite Single „Pillen und Propheten“ hingegen steht laut Max „für das, was da noch kommen
mag. Es war unsere erste Aufnahme, die wir quasi live im Kreis eingespielt haben, ohne jede Overdubs und Nachbearbeitungen.
Das war eine Art Wendepunkt für die ganze Band – und zugleich womöglich der Fingerzeig, in welche Richtung auch das Album
gehen könnte.“
Auf dieser Reise ins eigene künstlerische Ich werden BRETT von Anbeginn begleitet von einem der Größten unter den deutschen
Produzenten: Franz Plasa – den Max „nicht nur als einen Freund, sondern letztlich als einen echten Mentor“ bezeichnet. Er entdeckte BRETT zu einem sehr frühen Stadium – und aufgrund der Lust, Hingabe und Chuzpe, mit der sich diese vier Mittzwanziger ans Werk machen, „bekam er große Lust darauf, mal wieder eine Band von Anbeginn zu begleiten“, wie Max sagt.
Tatsächlich geht sogar der Bandname auf Plasa zurück: „Eines Morgens wachte er auf“, erzählt Max, „und dachte: Diese Band muss
unbedingt diesen Namen haben. Dagegen hatten wir nichts einzuwenden“, lacht er – und wie könnte man auch. Denn der Name ist bei ihnen schließlich Programm, insbesondere im Konzert, von denen es in diesem Jahr viele geben wird – bevor dann Anfang 2018 das erste Album erscheinen soll.
EP#2 und Album werden auf dem Stuttgarter Label Chimperator veröffentlicht, das seit über 18 Jahren mit Künstlern wie Cro, Teesy,
den Orsons u.v.m. als eines der erfolgreichsten deutschen Independent-Labels unterwegs ist. Und dass BRETT nicht nur
ungewöhnlich, sondern eindeutig herausragend sind in der deutschen Musiklandschaft, hat das Label bereits ganz früh erkannt. Ihr Statement in einer der ersten offiziellen Kommentare zum Label-Signing der Band zeigte einmal mehr, wohin die Reise gehen wird:
„Seit 18 Jahren nimmt Chimperator Künstler unter Vertrag, die gut sind. Egal ob Dancehall. Rap oder Rock. Und weil BRETT gut
sind, haben wir BRETT gesigned. Im Weichspüler-Mix von EDM und MOM / Musik ohne Meinung finden wir, dass es wieder an der
Zeit ist, etwas zu sagen.“
In diesem Sinne kann man gespannt sein, denn da rollt Mächtiges auf uns zu, das man in Deutschland so definitiv noch nicht gehört
hat.

Text: Sascha Krüger (freier Journalist und Autor für Galore, Visions, Guitar, Drumheads u.v.a.)

 

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